Wenn im Juli die Mittagshitze nachlässt, die ersten Schatten aufs Wasser fallen und der Wasserstand leicht fällt, ist die Stunde der Fliegenfischer gekommen. Die Bregenzer Ache kühlt angenehm, den bei niedriger Temperatur in der Wathose Garenden.
Schön das Claus den Nachmittag für uns frei gehalten hatte um unserem glücklichen Kleeblatt – es bringt zu viert mehr als 250 Lebensjahre zusammen – etwas Neues zu zeigen. Jeder, der pro Jahr allenfalls eine Woche dem Fliegenfischen widmen kann, profitiert, wenn er von einem wirklichen Könner etwas gezeigt bekommt. Niemand ist perfekt und die kleinen oder größeren dummen Angewohnheiten korrigiert Claus mit viel Geduld und pädagogischem Geschick. Auch alte Sturköpfe freuen sich so, etwas zu lernen. Wir hatten letztes Jahr immerhin verstanden, dass wenn der Fisch nicht zur Fliege kommt, die Fliege zum Fisch muss. Aber wie das genau geht, wie man eine Strömung mit einem Trickwurf überwindet, wie man die Schnur führt, damit die Nymphe nicht dreggt, wir bekommen das in Perfektion gezeigt. Aber wie es so ist, Perfektion erreicht der Laie nie, er versteht aber wo er hinmüsste. Wie so oft, der Weg ist das Ziel und der Fisch ist nur die Kirsche oben auf dem Eisbecher.
Schön, dass Sankt Petrus auch die Strebenden belohnt. Zunächst einmal damit, dass er es gewittrig werden lässt, so dass er es weniger heiß und die Fische beißfreudiger macht. Der aufkommende Wind stört in der tief eingeschnittenen Ache nicht so sehr, die Bedingungen zum Waten sind gut. Die Pools sind großzügig, so dass auch zu viert niemand zweimal in den gleichen Pool steigen muss.
Einen Watstock sollte man aber schon benutzen, nicht nur wegen des Alters. Die Steine rutschen manchmal weg. Waren anfangs nur kleinere Fische zu überreden, wurde es für alle zunehmend spannender. Seppi erwischte einen Döbel, der dort eigentlich nichts zu suchen hatte und für seinen vorwitzigen Ausflug die Höchststrafe bekam. Die Bachforellen waren beißfreudig, reagierten mit freudigen Bissen auf das korrekte Präsentieren. Allerdings nicht jede kann gelandet werden, Fischen ohne Widerhaken gibt dem Fisch eine faire Chance, die dieser unweigerlich nutzt. Eine Weile später hatte Seppi eine kapitale Trutta Fario an seiner Nymphe und auch glücklich gelandet.
Ein Ansporn für seine Freunde, der nicht ohne Folgen blieb. Eine nahe am Grund geführte Nymphe kann schon einmal hängen bleiben. Solche Hänger hatte ich schon einige erlebt und mit ein wenig Geduld und Positionsänderung auch ohne Verlust überwunden. Diesmal aber bekam ich einen Hänger, der mich sehr verwirrte. Bei dem Versuch ihn unter mäßigem Zug flussaufwärts zu lösen bewegte sich der Hänger ganz deutlich mit. War es also ein schwer mit Wasser vollgesogenes Stück Holz? Während ich noch überlegte, wie ich meine Nymphe wohl retten könnte, begann das „Holz“ zu zappeln. Aber selbst die außergewöhnlich schönen Bäume des Begrenzer Waldes bringen sicher kein magisches Treibholz hervor. Es musste also ein Fisch sein, der da stur am Boden stand und unschlüssig aber mit zähem Widerstand langsam hin und her schwamm. Ein 20er Vorfach hält einiges aus, aber überlasten wollte ich es auch nicht. Eine Forelle war es wohl eher nicht, aber was war das für ein Monster? Es wurde auch zunehmend ungeduldig, versuchte mit Schütteln und größeren Kreisen die Nymphe los zu werden. Mir war klar, dass ich einen außergewöhnlichen Fisch am Haken hatte, den ich zumindest einmal sehen wollte. Also die Leine auf Zug und geduldig nachhalten. Es dauerte mehr als zehn angstvolle Minuten bis der Fisch sich langsam vom Boden löste. Es kam Bewegung in die Sache und ein erster kurzer Auftaucher zeigte eine geschuppte mächtige Flanke. Nach fast zwanzig Minuten ziehen und ziehen lassen war der Fisch hinreichend müde um nicht mehr aus dem Kescher zu zappeln, der für ihn eigentlich eine Nummer zu klein war. Es war eine 53cm Barbe, den größten und schwersten Fisch den ich je mit Fliege in einem Fließgewässer gefangen habe.
Mit den ersten Tropfen der abendlichen Gewitter waren wir zurück am Auto. Das von Claus vorsorglich gekühlte Bier haben wir trocken unter dem Vordach des Egger Fussballvereins genießen können, um die unvergesslichen Erlebnisse des Tages noch einmal durchzugehen. Dabei kann man sich etwas wünschen. Zum Beispiel einmal eine Bachforelle von der Klasse der gefangenen Mega Barbe an den Haken zu bekommen. Oder auch, dass wir nächstes Jahr wieder kommen und unser Guide Claus wieder Zeit für uns hat. Der erste Wunsch wurde mir noch in der gleichen Woche erfüllt. Eine 45 cm Bachforelle beim Abendsprung. Es muss wohl an der guten Anleitung liegen. Die Nymphe war übrigens die Gleiche wie für die Barbe. Sie ist selbstgebunden, grün mit kupferroten Streifen und wurde auf den Namen Annalena getauft.
Johannes Schaede